Gib dem Fairplay eine Chance

Was hat Aleyna falsch gemacht?

Was haben Aleyna und ihre Familie falsch gemacht? Wie hätten die „Routenschliesser“ an Fawad`s Stelle entschieden? - Sagt es mir … bitte, sagt es mir.

Fawad, 38 Jahre, Zahnarzt. Er lernt mit 19 Jahren Leyla kennen. Die Beiden sind gleich alt, Leyla studiert damals Medizin.

Beide privilegiert und das nicht zuletzt deshalb, weil ihre Eltern und Großeltern weder politisch noch religiös engagiert waren. Sie alle hatten Berufe, wo sie anderen Menschen helfen konnten und dementsprechend waren sie unantastbar. Sie waren in allen Gesellschaftsschichten anerkannt. Nichts deutete darauf hin, dass sich das jäh ändern könnte.

Zuerst bekamen die Beiden Aleyna. Ein kluges Mädchen mit großem sozialen Engagement. Bereits im Kindergarten, wo sie -  weil es Leyla und Fawad so wollten - das erste Mal intensiv mit armen Menschen in Berührung kam, erfand sie eine Art Tauschzentrale, wo Spielzeug und Gewand gegen „besondere“ Steine und dergleichen den Besitzer wechselten. Nein, dass Aleyna viele Freunde hatte, war kein Zufall.

Aleyna war 4 Jahre, als ihr Bruder Enis zur Welt kam. Er war neugierig und ebenfalls beliebt. Vielleicht lag es auch daran, dass er ein guter Fußballer war und vielen ein Vorbild. Alles war gut.

Während Aleyna später Kinder unterrichten wollte, war sich Enis sicher, Vaters Zahnarztpraxis zu übernehmen.

Es entwickelte sich schleichend und es kam von oben. Kriegs-und Hassrhetorik kam ins Spiel und viel zu lange hoffte die Familie, dass da wieder jemand für Beruhigung sorgen würde.

Bald schon forderten verschiedene Gruppierungen, Fawad möge sich entscheiden, wohin er und seine Familie gehörten. Plötzlich war die Familie nicht mehr sicher und Tage und Nächte wurde überlegt, wie man sich aus dieser Situation befreien könnte.

Als Leyla`s Mutter aus ihrem 30km entfernten Wohnort verschleppt und ihr Vater getötet wurde war der jungen Familie klar, dass etwas getan werden müsste. Aleyna war gerade 18 und damit jene, die vorausgehen sollte, um eine mögliche Zukunft, vielleicht in Europa auszukundschaften.

Dass es ein schmerzvoller Abschied war, als Aleyna auf einen Pick-Up stieg, wird jede Mutter, jeder Vater, jeder Bruder nachvollziehen. Niemand konnte daran glauben, dass es für alle gut ausgehen wird. Es bestand bei der Trennung nur ein Funken Hoffnung, dass ein Teil der Familienmitglieder überleben würde.

Aleyna wurde noch lebend, mit einem fremden Baby im Arm, aus dem Mittelmeer gerettet. Sie starb trotz Notversorgung noch in der Nacht auf dem Weg nach Malta.

In ihrer Tasche befand sich ihr Handy, Geld und ihr Tagebuch.

Ihre Familie konnte bis heute nicht ausfindig gemacht werden.

Werner Langthaler, 5.2.2020