Inspiration und Vision ...
Inspiration und Vision
Was für eine schlaue Vorgabe von HABO. Warum hat er dieses Thema mir gegeben und wie beginne ich … jedenfalls ist es mir eine Ehre. Vielen Dank!
Unter Inspiration (lateinisch inspiratio ‚Beseelung', ‚Einhauchen', aus in ‚hinein' und spirare ‚hauchen', ‚atmen'; vgl. spiritus ‚Atem', ‚Seele', ‚Geist') versteht man allgemeinsprachlich eine Eingebung, etwa einen unerwarteten Einfall oder einen Ausgangspunkt künstlerischer Kreativität.
Die Badmintonszene in den 70ern bis in die 90ern lässt sich damit gut beschreiben. Hinter den meisten Aktivitäten standen Enthusiasten, die es verstanden, genau unserer Sportart „Geist“, also „Spirit“ zu geben, indem sie erstens den Ausübenden individuell „wertschätzten“ und zweitens der Sportart Badminton mit (internationalen) „Meetings“ Aufmerksamkeit verleihen konnten.
Es gab ein Verbands-Präsidium, sehr ernst und professionell, meist mit starker Hand geführt und Visionen, die auch zur Umsetzung kamen.
Und zeitgleich 4 österreichische Badminton-Zeitschriften. Die wesentlichen, eine vom Verband selbst, eine von HABO und eine von Wolfgang Hahn. Das muss erwähnt sein, weil hier einerseits bereits Marketing vom Feinsten gemacht wurde, das in vielen Haushalten (durch HABO-feibra, … ) Anklang fand und andererseits Ideen (in diesem Fall bzgl.Zeitschriften) zusammengeführt und dadurch gestärkt werden mussten.
Österreich hatte weltweit die ersten Badminton-Sommer-Camps, wo im Sommer bis zu 8 Wochen angeboten waren und Menschen aus allen Ländern, sogar Pakistan, Afghanistan, natürlich Italien, Schweiz und Deutschland … anreisten und großes Interesse an unserem „Know-how“ hatten. Csaba Hamza war einer unserer Gäste, er leitet heute ein vielversprechendes Projekt in Südtirol.
Ich selbst durfte mittlerweile an der PÄDAK Baden und Wien „Badminton“ unterrichten, und die Fitness-Centers und Bundesschul-Zentren wurden überzeugt, dass Badminton zum Angebot gehören musste.
In den Sommerferien wurden in vielen Jahren Lehrer-Fortbildungen angeboten, wo immer zwischen 60 und 100 Personen pro Woche (!) anwesend waren. Einige davon sind noch heute führende Funktionäre …
Österreich wurde im europäischen Badmintongeschehen zum Aushängeschild, z.B. auch für das erfolgreiche Ausrichten von Internationalen Meisterschaften, aber auch bei Trainerfortbildungen, wo sich die gesamte, weltweite Trainerelite getroffen hat. Nicht einmal. Regelmäßig. Auf höchstem Niveau.
Zu den Welt-Grand-Prix-Turnieren entwickelte der Österreicher Horst Kullnigg, längst im Badminton- Europe-Vorstand, später auch im BWF als Retter der Finanzen, den European-Circuit. Die besten 4-5 Herren und auch Damen aus Österreich führten diese Ranglisten viele Jahre an. Wir stellten mit Jürgen Koch einen Jugend-Europameister und wurden einige Jahre später Mannschafts-BEuropameister.
Das alles war jedenfalls ein Produkt von „bunten“ Menschen, mit durchaus unterschiedlichen Motiven, jedoch immer mit dem gleichen Ziel, Badminton groß zu machen. Regelmäßig gab es „Sitzungen“, wenn nötig auch außerplanmäßig einberufen. Da wurde diskutiert, da krachte es, … da wurden Pläne geschmiedet, die hielten.
Selbst „Hirngespinste“ unter dem Arbeitstitel „Sport ist Kultur“ wie zum Beispiel, Badminton in der Secession Ministern und der Öffentlichkeit vorzustellen, oder eine Turnierserie mit bildenden Künstlern (Artists-Open), sensationelle Hobby-und Firmenturniere (Twingo-Cup … ), ein Zusammenwirken von Badminton und der Schule für Dichtung in Wien, Sportärzte-Turniere anlässlich internationaler Kongresse, Challengeturniere mit den weltbesten Spielern, auch ein ORFSeitenblicke- Turnier … wurden gemeinsam mit Sponsoren wie Renault, Laudaair, Nokia, RayBan und dem damaligen Sport-und Kulturministerium verwirklicht.
ORF-TV-Sendezeiten von 3-4 Stunden jährlich waren für uns normal.
Es gab in großen Centers Mitternachtsturniere, auch Racketvierkämpfe (später Rackethlon) die gemeinsam mit Prominenten nach dem Sektfrühstück endeten. Da, wo sich die Fa. AMGEN bei amerikanischen Versteigerungen derart beteiligte, dass in einer Nacht öS 300000.- (über € 20000.-) an die Wiener Krebshilfe und Wiener Aidsforschung übergeben werden konnten. Nicht einmal. Unglaublich eigentlich, aus der Sicht von heute.
Noch um 2000 hatten wir einen Boom an begabten und erfolgsorientierten SportlerInnen im Schüler-/Jugendbereich, engagierte Trainer, Funktionäre und Eltern. Bei Ranglistenturnieren durfte man von 100 und mehr Teilnehmern sprechen und es war nicht selten, dass 5 Kleinbusse aus Österreich, vollbesetzt zu internationalen Turnieren nach Holland, Belgien, Deutschland, Slowenien, … anreisten. Die Badminton-Welt schien in Ordnung … die Öffentlichkeit war noch immer gut informiert und interessiert.
… in dieser wirklich guten Zeit aber kam es, vermutlich aus Unerfahrenheit und einer nicht unerheblichen Ignoranz (?) dazu, dass der ÖBV vollkommen falsch, von oben nach unten evaluierte.
Anstatt die Möglichkeiten in Österreich weiterhin abzuklappern um verlässliche Partner ins Boot zu holen und ein erfolgreiches Konzept mit dem Vorhandenen zu entwickeln, wurden Vereine, Trainer .. mit Entscheidungen konfrontiert, die nicht mehr motivierend oder tragbar waren. Man ging in dieser Zeit ganz gewiss nicht auf individuelle Notwendigkeiten der einzelnen SportlerInnen ein (Ausnahmen bestätigen die Regel …).
Die Ziele wurden vorgegeben, wer unterschrieb, war dabei, wer diskutierte, nicht.
Wer in den Nationalkader wollte, musste in erster Linie das gewohnte Umfeld verlassen und durfte nicht lernen und studieren, was neben Badminton das persönliche „Ziel“ gewesen wäre.
Es sprangen dabei viele Talente „über die Klinge“, auch meine Tochter Sonja musste 6 Jahre (!) warten, ehe sie vom Jugendkader in den Allgemeinen Kader kam. Sie gab – wie viele andere - auch nicht auf, als sie als einziges österr. Doppel mit Elisabeth Greutter für die Individual-EM qualifiziert gewesen wäre, aber der ÖBV eben – Richtlinien sind Richtlinien – den Start untersagte. Ein „Njet“ trotz Qualifikation, gab es auch später im Mixed mit Roman Zirnwald. Vielleicht auch, weil der Papa seit 15 Jahren auf der Homepage querdenkt … ?
Für Sonja ging eine andere Tür auf. Sie absolvierte ein „Erasmus-Studium“ in Aarhus, im Mekka des Badmintons, wo Studium und Sport auf Sonjas Bedürfnisse und Möglichkeiten abgestimmt wurden. Dieses „Service“ haben in DK alle SportlerInnen, daher gehen diese auch nicht aus … und es gibt dabei hunderte Sparringpartner.
Da könnte sich der österreichische Sport was abschauen …
Wo Badminton-Österreich mittlerweile im Vergleich zu vorher steht, kann man eindrucksvoll den Nennungslisten zum Beispiel bei A-Turnieren entnehmen. Gab es früher bei Damen und Herren eine Warteschlange, so waren es zuletzt um die 10 (!) weibliche Nennungen. Diese Entwicklung lässt sich beliebig auch an anderen Turnieren ablesen.
Es sage mir keiner, dass die letzten 15 Jahre eine Erfolgsstory sind.
Zuletzt zu den Visionen. Sie sind auch aus den letzten 15 Jahren – es gehört zur Evaluierung – festgeschrieben, ich bezweifle aber, dass an diesen je ernsthaft gearbeitet wurde. Erst seit dem letzten Jahr besteht wieder Hoffnung für Österreich mit Oliver Pongratz als Nationaltrainer und es gibt Talente. Ich bin gespannt und wünsche allen Beteiligten Durchsetzungskraft.
Es gibt nach wie vor – zumindest in den Großstädten – großes Interesse bei den „Badminton- Hobbyspielern“, die „nur abgeholt“ werden müssten. Auch viele Kinder und Jugendliche, die man den Vereinen zuführen könnte und schon würde sich das Rad langfristig, wieder zu drehen beginnen. Eigentlich ein einfacher, erster Schritt. Alles von vorne beginnend, mit aufgekrempelten Ärmeln erfolgversprechend.
Wir - schon recht verrückte Hunde - haben damals jedenfalls aus allen Richtungen und Blickwinkeln Badminton vermarktet, so, dass andere Verbände mit großem Respekt von einer insgesamt außergewöhnlichen Performance sprachen, wie auch Volleyball, das heute mit seinen „Sandspielen“ an das Erfolgreiche erinnert, während „unsere Leidenschaft“ zutiefst bürokratisch, unbeirrbar wieder in den Dornröschenschlaf gejagt wurde.
In der Zwischenzeit konzentriere ich mich auf das internationale Spielgeschehen und schaue Badminton-TV, wo ein Denmark-Open von heute - eine große Party mit Sport-, Musik-und Licht-Kunst - an tolle Zeiten erinnert.
Ich erfreue mich an Zeitlupenstudien und weiß, dass Österreichs SportlerInnen Qualität haben und diese ein individuelles Umfeld, Zuschauer, Fans und tolle Events ebenso verdienen würden.
Werner Langthaler, seit 1978 Trainer, später Badminton-Diplomtrainer, erster BSO-Sportkoodinator in den 90ern, 10 Jahre in unterschiedlichen Centers u.a. von Badminton gelebt. Bis vor 2 Jahren Badminton-Pressbaumer. Zufrieden, dass er sich mit risikofreudigen Visionären, wie Habo, Hahn usw. usw., getroffen hat. Wenn es auch nicht wirklich leicht war …. ;-)
Pressbaum, Oktober 2018, anläßlich eines Buchprojekts