Vatis 90er!
Zum 90sten Geburtstagskind!
1930. Jeder kann sich vorstellen, dass einem damals nicht allzu viel gegönnt war. Vati wurde zwischen 2 Weltkriegen geboren. Die Armut der Bevölkerung war groß.
Ab 1935 wurde ein WIR-Gefühl, oder besser gesagt ein DIE und WIR-Gefühl suggeriert (heute leider auch schon wieder), nachträglich gesehen, war es die dunkelste Geschichte Europas und der Welt. Ein Teil der Österreicher verspürte Hoffnung und so irgendwie, war es auch in der Familie von Vati. Die Zeit, sagt er, war mit den Augen eines Kindes, seinen Augen, nicht schlecht.
Bei der HJ und später bei einer weiteren Bewegung, wurde Vati Zusammengehörigkeit, Disziplin in Hirarchien, Zuverlässigkeit uvm. vermittelt.
Ich weiß, dass sein Vater den Krieg nicht überlebte, er als verschollen gilt. Nach dem 2. Weltkrieg verliebte sich Vati in meine Mutter, verlor seinen Bruder Hans bei einem Motorradunfall und seine Mutter kämpfte mit einer Krankheit.
Er arbeitete mittlerweile bei der Post, wo er sich – wie wir wissen – in den Jahrzehnten, am Westbahnhof/Briefumleitung bis zum Chef von 300 Mitarbeitern hocharbeitete.
Er wurde mit 2 Buben, Walter und Ronald Familienvater und dann kam endlich ich. Da war die Freude groß, die Familie war komplett.
Ronald und ich erinnern uns an eine schöne Kindheit, die ersten 6 Lebensjahre verbrachte ich in Hainfeld. Bei Ronald waren es demnach fast 10. Bei Walter 13. Vati war Alleinverdiener und damals musste jeder Schilling 2x umgedreht werden. Dennoch bekamen alle 3 Kinder Dreirad, Roller und Fahrräder und jeder auch Schier der Marke Fischer. Wir lebten im Paradies, dem Postgebäude in Hainfeld, mit einem großen Garten, wo Schaukel und Turngeräte (u.a. eine umfunktionierte Klopfstange) ihren Platz hatten. Wir unternahmen viel gemeinsam und da uns Computerspiele und Handys fehlten, „mussten“ wir Sommer und Winter mit der Natur vorlieb nehmen.
Vati war Springer. Nicht was ihr denkt. Er wurde bei Postämtern eingesetzt, wo Not am Manne war und so kam er eines Tages nach Pressbaum, wo der damalige Bürgermeister großen Gefallen an ihm fand. Dieser besuchte uns in Hainfeld und so kam es, dass wir in Pressbaum, im neu gebauten Gemeindeamt Unterschlupf fanden. Die Argumente waren die besseren Möglichkeiten nahe Wien, für die Ausbildung von uns Kindern – da hätte ich persönlich in Hainfeld bleiben können - und natürlich die Aufstiegschancen für Vati. Er wurde da Postmeister und – logisch – ein beliebtes Mitglied der Gemeinde.
Er arbeitete nebenbei ehrenamtlich und federführend am Bau des Pfarrheimes, welches heute noch als Veranstaltungssaal der Stadtgemeinde Pressbaum herhalten muss. Weiters am Bau eines Clubhauses für einen großen Sportverein, den ASV-Pressbaum und noch einmal am Bau eines weiteren Clubhauses für eben diesen Sportverein.
Irgendwann folgte er dem Ruf der Post-Generaldirektion und nahm eine Stellung am Westbahnhof an. Es war nicht einfach als einer vom Land, in der Großstadt Wien respektiert und akzeptiert zu werden und ich erinnere mich an viele erlauschte Gespräche, wo sich mein Vati Rat und Kraft von unserer Mutter holte. Es funktionierte phantastisch und bald war der Familienvater, ein durchaus strenger aber sehr gerechter Chef. Wenn ich das sage, habt ihr das aus erster Hand!
Irgendwann in der Zeit bauten wir uns auch ein eigenes Haus. Bis dahin hat es uns an nichts gefehlt, obwohl wir wenig hatten. Ab unserem Haus aber, fühlte ich mich zusätzlich auch materiell reich.
Vati war immer ungeheuer diszipliniert. Und zuverlässig. Wo er sich einbringen konnte, machte er das zumindest zu 100%. Weniger war ihm nicht möglich. Er war und ist beliebt, wohin man auch schaut, wer immer mit ihm zu tun hatte, sagt über Vati das Beste.
Wir Buben hatten eine schöne Zeit, aber manchmal wunderte sich unser Vater, dass wir Buben auch nein sagen lernten, wenn wir etwas nicht wollten. Das hat vermutlich ein wenig lange gedauert, bis wir uns das trauten.
Im Großen und Ganzen war das Geburtstagskind aber schon stolz auf uns und mit den Jahren kamen wir immer mehr in den Genuss seiner Wertschätzung. Dementsprechend wuchs auch unsere Hochachtung vor ihm.
Einige Familienmitglieder überstanden mit ihm und mir 1978 einen schweren Autounfall, alle mussten wir gemeinsam mit Walters und 10 Jahre später mit Muttis Tod fertig werden. Immer wenn es hart für uns wurde, übernahm Vati unglaublich strukturiert das Familienmanagement.
Glücklicherweise lernte Vati Erika kennen und so bekam sein Leben neuen Schwung, er war wieder motiviert. In all dem Glück, will ich nicht auf Martina und Maca vergessen, seine Schwiegertöchter, die viel zu jung verstorben sind.
Mein Vater akzeptiert, was das Leben für ihn bereithält bis heute. Er ist mit den Jahren sanfter, großmütiger, noch verständnisvoller geworden. Er ist stolz auf alle unsere Familienmitglieder und würde niemandem respektlos begegnen, oder schlechtmachen. Das ist meine, und die Erkenntnis vieler.
Ich und wir finden das gut, du bist unser Vorbild, wir sind stolz auf dich.
Bleib dir treu und genieße jeden Tag. Wir wollen uns noch viel erzählen.
Wir danken für`s da sein und wünschen uns allen eine schöne Geburtstagsfeier!
Werner